Früher wurde die Erkrankung auch FORL genannt. Leider gibt es keinen passenden deutschen Namen. Aber was bedeutet FORL? Bei dieser Krankheit der Katze (Feline) werden Zellen aktiviert, die aktiv Zahnsubstanz auflösen (sogenannte Odontoklasten). Die Zahnsubstanz verschwindet (wird resorbiert) und übrig bleiben Löcher (Läsionen).

Diese Erkrankung gibt es auch bei anderen Tierarten und beim Menschen. Dort tritt sie allerdings sehr selten auf. Seit den 90er Jahren hat die Häufigkeit des Auftretens bei der Katze massiv zugenommen. Über den Grund dafür gibt es zahlreiche Theorien, aber bisher ist die Ursache nicht eindeutig geklärt.

Feline Odontoklastische Resorptive Läsion - FORL - Zahnerkrankung Katze

mehrere FORL (weiße Pfeile)  und Wurzelrest eines abgebrochenen Zahnes (gelber Pfeil)

Man geht heute davon aus, dass jede 3. Katze von dieser Erkrankung betroffen ist. Bei Tieren, die älter als 5 Jahre sind muss man sogar bei jeder 2. Katze mit dieser Erkrankung rechnen. In den meisten Fällen ist auch nicht nur ein Zahn sondern sind mehrere Zähne befallen. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass RL zu den schmerzhaftesten Erkrankungen der Katze überhaupt gehört, wird deutlich, warum die Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung einen so hohen Stellenwert in der Katzenmedizin einnimmt. 

 

Die aus bisher unbekannter Ursache aktivierten Odontoklasten (Zahnsubstanz auflösende Zellen) beginnen im Bereich der Zahnwurzel und des Zahnhalses den Zahn aufzulösen. Dieser Prozess schreitet in die Tiefe und später auch in den Bereich der Zahnkrone fort. Die ersten kleinen Läsionen im Bereich der Zahnkrone sind häufig von Zahnstein oder durch entzündetes Zahnfleisch verdeckt und nur mittels einer Sonde tastbar.  

Katze - Forl - Zahnröntgen - Zahnschäden

           Klinisch sind nur dezente Veränderungen sichtbar,
aber im Röntgen zeigt sich das gesamte Ausmaß der Zahnschädigung

K atze - Zahnfleischentzündung - Gingivitis - Parodontitis - Parodontose

Im Anfangsstadium, wenn sich die resorptiven Prozesse im Bereich der Zahnwurzel abspielen, sind die Veränderungen noch nicht schmerzhaft. Sobald die resorptiven Zahnläsionen in Kontakt mit der Mundhöhle und der dortigen Bakterienflora kommen, entsteht eine starke Schmerzhaftigkeit. Wenn die Zahnläsionen den Nervkanal erreichen oder dieser durch das Abbrechen der Zahnkrone eröffnet wird, muss man davon ausgehen, dass der freiliegende Nerv zu extrem unangenehmen Zahnschmerzen führt. Da man davon ausgehen kann, dass meistens mehrere Zähne betroffen sind, erklärt sich die Tatsache, dass FORL zu den schmerzhaftesten Erkrankungen der Katze überhaupt gerechnet wird.

Katze - Zahnfleischentzündung - Gingivitis - Parodontitis - Maulgeruch - MundgeruchHauptsächlich zeigen die Tiere eine Schmerzsymptomatik, die leider oft recht unspezifisch und nicht sehr auffällig ist. Typische Schmerzsymptome zeigen sich dadurch, dass die Katze sich mehr zurückzieht, nicht mehr so viel spielt oder schmust wie früher und insgesamt ruhiger wirkt. Häufig werden diese Symptome als normale Alterserscheinungen fehlinterpretiert. Manche Tiere haben auch Probleme beim Fressen. Einige nehmen plötzlich nur noch Weichfutter zu sich, während andere Trockenfutter ohne zu kauen hinterschlingen.  Selten hören die Katzen ganz auf zu fressen, aber man kann häufig beobachten, dass sie nicht mehr so freudig zum Futternapf laufen oder langsamer fressen. Einseitiges Kauen oder Kopfschiefhaltung beim Fressen, Mundgeruch, Kopfschütteln oder Speicheln sind da oft eindeutigere Symptome, die uns auf eine Zahnerkrankung hinweisen, jedoch nur selten so klassisch auftreten.

Zahnröntgen - Dentalröntgen - Zahnerkrankung
Routinemäßig in unserer Praxis angefertigte Röntgenbilder vom gesamten Gebiss einer Katze

Auf jeden Fall gibt uns die klinische Untersuchung oft schon Hinweise auf ein Vorliegen von FORL. Zahnfleischentzündungen, abgebrochene Zähne mit sichtbarem Wurzelrest oder Entzündungen am Ort scheinbar fehlender Zähne mit im Kiefer verbliebenen Wurzelresten gehören zu den häufigen klinischen Befunden. Oft sieht man auch Zahnfleisch, welches an der Krone hochwächst und eine darunterliegende Resorption verdeckt. Eine eindeutige Diagnose kann man nur mithilfe einer Röntgenuntersuchung  stellen. In unserer Praxis werden routinemäßig alle Zähne der Katze geröntgt. Nur so können wir sicher sein, dass nach einer Zahnbehandlung keine schmerzenden Zähne oder unentdeckte Wurzelreste im Kiefer verblieben sind. Da die Erkrankung im Wurzelbereich beginnt, sind im Röntgen auch die ersten Anzeichen zu erkennen und dass ermöglicht es uns, zu handeln, bevor die Katze unter Zahnschmerzen leidet. Zudem ist die Wahl der richtigen Therapieform nur anhand von Röntgenbildern möglich.

Katze Zahnextraktion - Zähne ziehen und Wundnaht
Vernähtes Zahnfleisch nach Extraktion aller Zähne im Oberkiefer

Eine Füllung dieser Defekte ist zwecklos! Die Krankheit schreitet trotzdem weiter fort und die Füllung wird in kürzester Zeit herausfallen und der Zahn ist wieder schmerzhaft.

Derzeit haben wir nur die Möglichkeit, die betroffenen Zähne vollständig zu entfernen. In wenigen Fällen, wenn die Zahnwurzel entzündungsfrei von Knochengewebe durchsetzt ist, kann die Wurzel belassen werden und nur die Zahnkrone wird entfernt. In allen anderen Fällen müssen die Zähne samt aller Zahnwurzeln, auch wenn diese abgebrochen sind, mühsam aus dem Kiefer entfernt werden.

Gerade wenn viele Zähne betroffen sind, ist das schon ein längerer Eingriff. Doch es lohnt sich. Nach 1-2 Tagen zeigen die Tiere meist wieder ihr normales Verhalten und wenn wir nach 7 Tagen unsere Patienten kontrollieren, ist die Maulschleimhaut oft                                                   schon wieder vollständig abgeheilt.

   Oft werden wir gefragt, ob die Katze denn dann noch Fressen kann, wenn sie kaum noch oder gar keine Zähne mehr hat. Doch die       Sorge ist unbegründet. Die Tiere fressen gut, oftmals besser als vorher, als die Zähne noch schmerzhaft waren.

Schlafende KatzeDa man die Ursache bisher nicht eindeutig ermitteln konnte, ist eine gezielte Prophylaxe bisher nicht möglich. Aus Untersuchungen weiß man jedoch, dass Entzündungen des Zahnfleischs und Parodontalerkrankungen die Entstehung von FORL begünstigen. Aus diesem Grund sind alle Maßnahmen zur besseren Hygiene im Maul und zur Reduktion von Plaque und Zahnstein zu empfehlen.